
Thomas Schutte, Slam B, 14.03.2014. Foto: (c) Anna Konrath
Mir fehlen die Worte.. Thomas Schutte ist nicht mehr bei uns. Wir sind fassungslos und tief erschüttert. Erst vor zwei Wochen beim letzten Slam B im März hat uns Thomas wiedermal mit seinen witzigen Texten beehrt und beglückt. Gleich zweimal im letzten Jahr – im März und November 2013 – war er der Sieger des Abends. Sein Tiroler Charm und seine Erklärung vom „Nasenbären“ werden uns noch lange in Erinnerung bleiben.
Wir werden es wohl niemals fassen können und werden dich sehr vermissen!
Diana Köhle und die Wiener Slam Szene
.
Was, wenn…
(für Tom)
Jemand hat mir mal gesagt, ich soll doch ein bisschen rotziger sein. Ich DARF nämlich
ruhig ein bisschen rotziger sein. Ein bisschen wie damals im Kindergarten, als wir noch
nicht so viel wussten und nicht so viel dachten. Als wir weniger überlegten und einfach
mehr machten. Als der Rotz noch nicht Rotz hieß, sondern Nasenbär und wir noch gelobt
wurden, wenn wir alles rausließen anstatt es einfach so runterzuschlucken.
Also rotz ich eben mal ein bissl was raus.
Steckt eh genügend fest, da zwischen Stirn und Kehle.
Im übertragenen Sinn, so zwischen Hirn und Seele.
Da trifft die ganze Logik auf ein kleines Häufchen Glauben,
zu viel Wissen und die Macht uns unserer Hoffnung zu berauben.
Doch keine Realität kommt dagegen an
wenn wir glauben, dass uns nichts passieren kann.
Aber was, wenn doch?
Wenn doch, WAS?
Ach komm, hör auf, is’ doch nur Spaß!
Spaß wie letztes Jahr, weißt du noch?
Ich weiß es noch als wär es gestern gewesen.
Da haben wir alle unsere Texte gelesen.
Und heute ist ein neuer Tag. Für mich. Und dich.
Aber was, wenn nicht?
Was, wenn deine Uhr zwar weiterläuft, aber dein Leben stehen geblieben ist?
Wenn dein Herz für so Vieles geschlagen hat, das plötzlich nicht mehr wichtig ist.
Wichtig…was ist denn überhaupt noch richtig?
Dieser eine Moment, da warst du noch da.
Alles danach…es ist doch einfach nicht wahr!
Denn auch, wenn es stimmt, ist es falsch. Denn es macht keinen Sinn.
Warum bist du weg, wenn wir hier geblieben sind?
Antworte mir! Wieso redest du nicht?
Dir hat’s doch noch nie die Sprache verschlagen.
Dein Schweigen ist einfach nicht zu ertragen.
Ich weiß, wir haben uns nicht gut gekannt.
Aber das ist ja, als red’ ich hier mit ’ner Wand.
Du kannst ja schlecht einfach verschwinden, wie in ein großes schwarzes Loch…
Aber was, wenn doch?
Nein, nein, keiner geht ohne Tschüss zu sagen.
Ohne ein einziges Wort.
Keiner ist einfach plötzlich so fort.
Ich meine JA, das passiert. Habs im Fernsehen gesehen.
Jeder von uns muss irgendwann gehen.
Naja nicht jeder, nein, die Anderen eben.
Wir hier, wir werden ewig leben.
Aber was, wenn nicht?
Was, wenn es stimmt mit dem Tod und dem Licht?
Ach, was red’ ich denn, du bist doch noch hier,
so wie damals beim Slam, du und ich, und ein Bier.
„Komm nach Wien, Tom, los! Ein Auftritt ist Pflicht!“
Komm schon, warum antwortest du nicht?
Sogar das Datum steht schon fest,
ich weiß nicht, warum du jetzt auf dich warten lässt.
Ich weiß es nicht…weiß es nicht… will es nicht wissen…
Doch ich wette, die Antwort ist richtig beschissen.
Aber solang ich nichts weiß, ist doch alles perfekt.
Dann bleibe ich gut vor der Wahrheit versteckt.
Im Spiegel seh’ ich mein eigenes Gesicht
Ich sag’ mir ich weiß nix, doch ich glaube mir nicht.
Ich sehe mich an und ich fang an zu schrei’n,
denn was oft schon reicht, ist die Ahnung allein.
Gott? Bist du das? Hast du ihn geraubt?
An dich hab ich ohnehin nie geglaubt.
Du hast keine Stimme, kein Körpergewicht,
ich bin mir ganz sicher: Es gibt dich nicht!
Aber was, wenn doch?
Was, wenn das große, schwarze Loch
kein Nichts ist, sondern ein neues Leben,
in dem wir uns alle wieder sehen?
Nur die Angst kommt dort sicher niemals an,
weil wir wissen, dass uns nichts mehr passieren kann!
Conny Ertl, 28. März 2014